Meine 12-monatige Elternzeit neigt sich dem Ende zu und ich würde die letzten Tage mit meinem Lütten gern in vollen Zügen genießen. Aber Bremen hat es geschafft, mir vor dem beruflichen Wiedereinstieg nochmal so richtig die Stimmung zu verhageln und schlaflose Nächte zu bescheren. Nicht nur mir, wohlgemerkt. Wo auch immer ich derzeit auf Eltern treffe, schaue ich in die gleichen besorgt-frustrierten Gesichter. Der Kalender verrät den Grund:
Es ist Januar. Es ist Anmeldezeit für die Krippen- und Kita-Plätze. Es ist ätzend!
Ich stecke wie so viele mittendrin in der Bremer Kita-Misere, die ich zuvor nur aus Schlagzeilen kannte. Und kann jetzt mit gutem Gewissen und aus eigener Erfahrung sagen: Bremen, Du bist in Sachen Kinderbetreuung echt auf dem Holzweg. Aber so richtig!
58 Prozent der Bremer Familien müssen seit Neuestem nichts mehr für einen Kita-Platz bezahlen. Absolut nichts. Klingt erst einmal super. Aber wenn man sich einmal anschaut, wie das ermöglicht wird, so wird deutlich, dass 42 Prozent der Familien dafür umso tiefer in die Tasche greifen müssen. Ich gehöre auch zu diesen 42 Prozent. In den vergangenen Kita-Jahren hätten wir monatlich bereits weit über 200 Euro für die sechsstündige Betreuung eines Kindes bezahlt. Das ist im bundesweiten Vergleich schon recht ordentlich. Jetzt haben sich rot-grüne Politiker-Köpfe jedoch überlegt, die Beiträge für „Besserverdienende“ mal eben um rund 80 Prozent anzuheben – um die Beitragsfreiheit für Geringverdiener zu ermöglichen. Für uns bedeutet das künftig 164 Euro mehr!
Mensch Bremen, Du bekommst doch bereits deutlich mehr Steuern vom Mittelstand als von den Geringverdienern – und dieses Geld ist für kommunale Daseinsversorgung gedacht. Jetzt führst Du dieses Prinzip noch zusätzlich bei einer Einzelleistung ein, die soviele Menschen betrifft? Ein Unding!
„Patchworkfamilie? Ach, da machen wir keinen Unterschied.“
Bemessungs-Grundlage für die Kita-Gebühren ist das Brutto-Einkommen der Eltern. Die Betonung liegt dabei auf brutto. Nicht etwa „zu versteuerndes Brutto“, nein. Einfach das, was auf der Einkommensseite steht, ungeachtet irgendwelcher Belastungen. Unsere Familie ist beispielsweise eine Patchwork-Familie, in der Unterhaltszahlungen eine nicht unerhebliche Ausgabe darstellen. Diese Ausgabe wird aber schlichtweg nicht berücksichtigt und wir werden genauso behandelt wie Familien, die diese Ausgaben nicht haben.
Die Einkommensstufen, die zu mehreren Hundert Euro Kita-Gebühr pro Monat verpflichten, sind vergleichsweise schnell erreicht, wenn beide Elternteile arbeiten gehen. Und genau das ist ja in den vielen Fällen überhaupt der Grund, warum ein Kita-Platz gesucht wird: Beide müssen wieder arbeiten gehen, weil das Geld sonst nicht reicht. Für den Hauskredit. Die Versicherungen. Das Straßenbahnticket. Die neuen Schuhe für das heranwachsende Kind. Die Telefonrechnung. Die Müllabfuhr. Den Zoobesuch. Den Einkauf von gesunden Lebensmitteln. Den Schwimmkurs. Den Besuch im Kino. Das Futter für den Goldhamster. Den Tannenbaum zu Weihnachten. Das aufblasbare Schwimmbecken im Garten. Kurz: Für das stinknormale Mittelstands-Leben ohne besonderen Luxus.
Da geht man also nach Ablauf des Elterngeldes (dessen Bearbeitung in Bremen derzeit inakzeptabel lange dauert) wieder arbeiten, um sich diesen Standard weiterhin leisten zu können – und wird dafür noch mit einer Kita-Erhöhung belohnt. Besten Dank auch. Als hätte man nach der Geburt eines Kindes nicht ohnehin schon eine etwas engere finanzielle Situation, weil sich das Einkommen einer Familie dann eher verringert als vergrößert. Denn – Achtung, liebe Politiker, bahnbrechende Information – man bekommt in der Regel kein Kind, um es nur abends ins Bett zu bringen. Einer der Elternteile (leider meist nur einer) reduziert Stunden, was Auswirkungen auf das Einkommen hat. Es gibt einen zu versorgenden Menschen mehr im Haushalt, aber weniger Kröten auf dem Konto. In solch einer Situation zu erwarten, dass mehrere hunderte Euro für die Betreuung eines Kindes bezahlt werden, ist echter Hohn.
Noch viel absurder fühlt es sich an, in extremer Höhe zur Kasse gebeten zu werden für eine Leistung, die trotz dieser hohen Beträge nicht flächendeckend in angemessener Qualität und nicht garantiert zur Verfügung steht. Ich kriege also vielleicht einen Platz, zahle ordentlich Asche dafür, muss dann aber trotzdem andere Eltern trösten, die keinen Platz bekommen haben und total verzweifelt überlegen, wie sie die nächsten Monate zwischen Fixkosten und Arbeitgeber eine Lösung herbeizaubern können. Oder die wahnsinnig darunter leiden, dass sie zwar einen Platz bekommen haben, diese Einrichtung aber kaum Außenfläche, dafür in die Jahre gekommene Toiletten, schimmelige Außenfassaden und/ oder riesige Gruppengrößen untergebracht in Containern hat. Wenn ich so viel Geld für ein System berappen muss, dann erwarte ich, dass das System funktioniert. Schlagzeilen über 1.701 unversorgte Kinder möchte ich hingegen nicht im Weser Kurier lesen.
Es ist nicht nur ein finanzielles Problem. Es beeinflusst unsere Gesellschaft!
Solche Schlagzeilen haben nämlich verheerende Folgen. Sie sorgen dafür, dass das für die Gesellschaft notwendige und für jeden einzelnen meist wunderschöne Erlebnis der Familiengründung noch negativer konnotiert ist als ohnehin schon. In Deutschland hat Frau beispielsweise meist Angst davor, ihrem Arbeitgeber von einer Schwangerschaft zu berichten. Man hat schnell das Gefühl, sich dafür entschuldigen zu müssen, dass man eine gewisse Zeit lang fehlen wird und hinterher nicht mehr unbedingt in vollem Umfang in seinen Job zurückkehrt. Und sich vermutlich zwei-, dreimal mehr im Jahr krankmelden muss, weil sich ein fiebriges Kleinkind zuhause nun mal nicht allein versorgen kann. Diese Situation ist schon schlimm genug. Wenn Arbeitgeber und Personalchefs in Bremen nun aber sogar noch damit konfrontiert werden, dass ihre MitarbeiterInnen vielleicht länger zuhause bleiben müssen als ursprünglich geplant, weil sie keinen Betreuungsplatz bekommen, so verschärft sie sich nochmal zusätzlich. „Die Bewerberin ist um die 30 und noch kinderlos? Oje, nee, die können wir nicht einstellen. Die wird schwanger und ist uns dann jahrelang keine Hilfe mehr.“ Wer hat bei solch einem kinderunfreundlichen Klima Lust, eine Familie zu gründen oder mehr als ein Kind zu bekommen?
Last but not least sind alle Themen rund ums eigene Kind eine äußerst emotionale Angelegenheit. Es geht eben nicht um die Wahl eines verkehrsgünstigsten Sportstudios oder eines besonders leistungsstarken Handyvertrags. Es geht um das eigene Kind, für das man eine liebevolle Betreuung im eigenen Stadtteil oder auf dem Weg zur Arbeit sucht. Damit man seinem Kind – gerade bei fehlenden Geschwistern – das soziale Miteinander mit anderen Kindern ermöglich kann und selbst wieder die Erwartungen unserer Leistungsgesellschaft erfüllt. Ein Kind, das gerade mal ein bis zwei Jahre alt ist, abzugeben, fällt schwer. Das höre ich von vielen Eltern und erlebe es selbst gerade auch: Es macht nicht unbedingt großen Spaß, sich mit dieser Trennung zu beschäftigen. Aber wat mutt, dat mutt. Wie wunderbar wäre es, wenn man sich in dieser Phase nicht noch Sorgen darum machen müsste, ob es überhaupt mit einer Betreuung klappt und wenn ja, ob es eine zeitgemäße Einrichtung wird, die idealerweise zum eigenen Alltag und Charakter des Kindes passt. Doch nein, Bremen macht es uns Eltern nicht so leicht, ganz im Gegenteil.
Das Schlimmste an allem ist aber eigentlich, dass ich schon so viele erklärende Worte in diesen Artikel geschrieben habe. Dass man sich überhaupt rechtfertig, warum man als Eltern über die aktuelle Situation in Bremen unglücklich ist. Warum man so hohe Beträge nicht ohne Murren bezahlen möchte oder auch kann. Familienwohl und Geld dürfen einfach nicht in Zusammenhang stehen. Es kann einfach nicht sein, dass engagierte, die Gesellschaft stützende Menschen ihre Ausgaben auf den Kopf stellen, Kosten hin- und herschieben, mit dem Partner bis ins Kleinste „Wer zahlt was?“ ausklamüsern und sich die Haare raufen müssen, weil sie hunderte Euro für etwas bezahlen müssen, was in anderen Bundesländern günstiger oder gar kostenfrei ist. Es darf nicht sein, dass schlechte Rahmebedingungen in Bremen dazu führen, dass sich Unternehmen Sorgen darum machen müssen, ob sie Fachkräfte überhaupt noch in die Hansestadt locken können. Es ist ein Skandal, dass in einer Gesellschaft, in der Kinder häufig mehr als Belastung denn als Glück angesehen werden, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch zusätzlich erschwert werden.
Kinder sind unsere Zukunft, tönt es stets von den Regierungssitzen. In Bremen müssen es allerdings Eltern mit starken Nerven und sparsamer Haushaltskasse sein, die für diese Zukunft Sorge tragen.
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Das Thema Kinderbetreuung ist ein sehr wichtiges für viele Familien in Bremen. Daher würden wir uns in diesem Fall noch mehr als sonst über Eure Gedanken und Erfahrungen dazu in den Kommentaren freuen – in der Hoffnung, dass die mitlesen, die künftig zu diesem Thema Entscheidungen treffen!
Ohja. Dieses Thema beschäftigt mich auch sehr. Einmal, weil wir ein Kind im Kindergarten haben, zweitens: weil bald noch eins dazukommt. Zudem Leben wir in dem Stadtteil, wo die meisten Plätze fehlen sollen. Wir bezahlen zurzeit Höchstsatz. Wir arbeiten beide im sozialen Bereich. Soll heissen: reich sind wir nicht. Eben mittelständisch. Ein Auto, ein kleines Haus. Manch einer mag meinen, wer sich Auto und Haus leisten kann, der ist auch in Lage mehr für sein Kind ausgeben zu können, und ja, ich habe schon die heftigsten Diskussionen geführt. Aber auch wir kaufen bei Aldi ein, müssen rechnen, ob wir uns heizungsöl und Urlaub in einem Jahr leisten können. Tanken nicht immer voll, weil Ende des Monats die Kasse leer ist…..
Und jetzt sollen wir nochmal 140 € Euro mehr für den kitaplatz zahlen…..? Ich verstehe die Welt nicht mehr. 20/30 €… Ich hätte kein Wirt gesagt. Dann,jede Woche eine neue berechnungstabelle…. Und dann am Ende doch verabschiedet….. Unsere elternvertretung ist zum Glück hinterher, aber gezahlt wird jetzt ab August erstmal doch….. Ich kann dich so gut verstehen….. Si macht Bremen und Politik und Kinderhaben keinen Spaß.
Ja, es ist immer mühsam zu erklären, dass man mit zwei Einkommen auch nicht unbedingt mehrere Hundert Euro am Ende des Monats übrig hat. Man kann sich durchaus die wichtigen Dinge leisten, aber das möchte man ja auch, wenn man arbeitet. Und nicht zu arbeiten ist eben auch keine Option. Dann gerät alles, was man sich aufgebaut hat, ins Wanken!
Hallo!
Vielen Dank für deinen Artikel.
Seit letztem Sommer haben wir für beide Kinder einen Platz. Natürlich nicht in einer Einrichtung, das ist leider bei der derzeitigen Situation in Bremen nicht möglich und zumindest bei einem Kind auch nicht in einer unserer Wunsch Kindergärten….Am Ende ist das Ok, aber der Nerventerror, wenn man keinen Platz bei den Anmeldungen bekommt und dann alle Kitas in der näheren und weiteren Umgebung anruft, um dann immer wieder zu hören, dass alles mehr als ausgebucht ist….nicht schön, gar nicht….Am Ende zahlen wir viel Geld für Einrichtungen die beide weit entfernt von frisch und modern sind…Und wenn es nicht motivierte und engagierte Erzieherinnen und Erzieher geben würde, zu denen meine Kinder gehen, wäre es eine noch unerträglichere Situation. So arbeite ich weniger als ich wollte, um Zeit zu haben morgens und nachmittags zwei Einrichtungen anzusteuern und beiden Kindern die Zeit zu geben in Ruhe gebracht und geholt zu werden.
Ich finde die Betreuungsituation also alles andere als optimal und wenn wir genauer wissen, wie hoch unsere Beiträge für das nächste Betreuungsjahr ausfallen, werde ich nochmal genau rechnen, ob ich nicht ein Minus mache, indem ich arbeiten gehe….So sollte es meiner Meinung nach nicht sein…..
Vielen Dank, dass ich meinen Frust dazu hier loswerden konnte….
Schöne Grüße
Sehr gern! Frust muss raus – und es tut vielleicht auch einfach mal gut zu merken, dass man mit solch einem Frust nicht allein ist. Ganz im Gegenteil!
Hallo in die Runde, ich finde den Artikel richtig gut geschrieben und total treffend! Ich habe mich in letzter Zeit ein wenig mit der neuen Beitragsordnung auseinander gesetzt und wie ich es verstanden habe, zahlen Eltern erst ab einem Jahtesbruttoeinkommen von über 95.000 Euro (bei einem Kind) bzw. über 100.000 Euro (bei zwei Kindern) den Höchstsatz. Liegt man darunter, bekommt man die Differenz vom Staat gezahlt. Ich wollte einfach gerne nochmal anregen, einen Antrag auf Erstattung bei der Wirtschaftlichen Jugendhilfe zustellen denn ich vermute, dass viele Eltern nicht wissen, dass sie Ansprüche auf Kostenerstattung haben.
Das soll allerdings nicht heissen, dass ich die Situation in Bremen auch nur annähernd befriedigend finde! Der Artikel trifft den Nagel auf den Kopf!
Und das Ganze geht ja beiden Schulanmeldungen weiter, die Sorge keinen Platz in der Wunscheinrichtung zu bekommen. Bei der Suche steht ja das Konzept der Einrichtung gar nicht mehr an erster Stelle (leider!!!) sondern vor allem die Frage, wieviele freie Plätze es gibt und nach welchen Kriterien ausgewählt wird und wo letztlich die Chance auf einen Platz am größten ist!
Danke Dir Ella für den Hinweis auf de Wirtschaftliche Jugendhilfe. Ich habe gerade erst davon gehört, dass das vielen Haushalten deutliche Erleichterung verschaffen kann. Also liebe Mitleser_innen – prüft das doch mal!
Die WJH kann ich ebenso empfehlen, auch wir haben davon profitiert. Und das es diese Leistung gibt, haben wir auch nur zufällig durch andere Eltern in der KiTa erfahren – es wird leider zu wenig propagiert. Der Antrag lohnt sich in jedem Fall, einfach machen!
Es ging/geht noch viel übler:
Beide Eltern sind Selbständig, dann schlägt Bremen richtig zu.
Wir hatten eine gemeinsame Firma und in der Gründungsphase zwei Kleinkinder.
Wir haben sofort sehr gut verdient, dachten wir…
Doch von unserem erschufteten Geld blieb nicht viel übrig. Zweimal Höchstsatz Kita und Hort, zweimal Höchstsatz Krankenkasse und der Höchstsatz Einkommenssteuer haben uns fast Pleite gemacht. Kann nicht sein? Oh doch, in Bremen! Jedenfalls blieb für ein gesundes Wachstum unserer Firma nichts mehr übrig.
Wir mussten uns schleunigst eine andere Betriebsform zulegen sonst wären wir „reich“ pleite gegangen. Traurig, ohne Steuerberater zieht einem diese Stadt komplett über den Tisch. Also Warnung: Macht Euch in Bremen nicht so einfach Selbständig! So ein Schritt kann hier ein finanzieller Suizid folgen.
Es ging/geht noch viel übler:
Beide Eltern sind Selbständig, dann schlägt Bremen richtig zu.
Wir hatten eine gemeinsame Firma und in der Gründungsphase zwei Kleinkinder.
Wir haben sofort sehr gut verdient, dachten wir…
Doch von unserem erschufteten Geld blieb nicht viel übrig. Zweimal Höchstsatz Kita und Hort, zweimal Höchstsatz Krankenkasse und der Höchstsatz Einkommenssteuer haben uns fast Pleite gemacht. Kann nicht sein? Oh doch, in Bremen!
Jedenfalls blieb für ein gesundes Wachstum unserer Firma nichts mehr übrig.
Wir mussten uns schleunigst eine andere Betriebsform zulegen, sonst wären wir „reich“ pleitegegangen. Traurig, ohne Steuerberater zieht einen diese Stadt komplett über den Tisch.
Also Warnung: Macht Euch in Bremen nicht so einfach Selbständig! So einem Schritt kann hier sehr schnell der finanzielle Suizid folgen.
Bremen ist nur an eurem selbständig erschufteten Geld interessiert, als Menschen seit Ihr hier nichts wert. Ihr seit nur Melkvieh.
Moin Peer, Deine Warnung kommt in meinem Fall zu spät
Ja, bei den Abgaben hat man schon einiges zu schultern. Hinzu kommt noch, dass das Einkommen monatlich ja nicht unbedingt einheitlich ist. In der Selbständigkeit gibt es immer mal Monate, in denen weniger reinkommt, in anderen dafür hoffentlich mehr. Diese Schwankungen, die ja auch durch eigene Krankheit oder Krankheit des Kindes verursacht werden können, bleiben leider auch vollkommen unberücksichtigt bei der Berechnung der Kita-Gebühren.
Kitaplatz war leider schon zu Zeiten meiner Großen ein Problem. Ich wollte, wie sie 18 Monate alt war eigentlich gern wieder arbeiten, doch mir wurden bei der Anmeldung schon so viele Steine in den Weg gelegt. Ja wir waren damals Aufstocker, aber eben ausbdem Grund wollte ich gern arbeiten….um weg zu kommen vom Amt. Ich musste mir dann in einem Kindergarten anhören das erst mal die Kinder aufgenommen werden wo die Eltern arbeiten (spricht ja soweit noch nichts gegen) aber dann durfte ich mir auch noch anhören das ich ja eh nur ne olle ALG II-Tussi bin und was ich denn überhaupt wolle…ich solle gefälligst erst wieder kommen wenn ich einen Job habe. Tja ohne Betreuung keinen Job und ohne Job keine Betreuung. Gut im Nachhinein brauchte ich den Platz dann nicht, denn es hatte sich weiterer Nachwuchs angekündigt. Die Kinder sind jetzt nicht ganz 2 Jahre auseinander und auch hier wollt ich gern wieder früh arbeiten….da war ed dann so, dass man den kleinen Nachwuchs für die Krippe liebendgern genommen hätte…gab ja ordentlich Geld (wir MUSSTEN im Krippenbereich einen Ganztagsplatz nehmen und zahlen, obwohl wir nur einen halben Tag wollten)…die Große hätte in der gleichen Einrichtung aber keinen Regelplatz bekommen. Wir sind dann etwas weiter gefahren und waren jeden Tag 2 Std unterwegs um unsere Kinder zu bringen und zu holen. Geht zwar bei mir nicht vorrangig um Geld…aber Steine werden einen immer in den Weg gelegt…entweder finanzieller Natur oder weil einem die Nase in der Wunschkita nicht passt.
Mit der Schulsuche geht es dann ja weiter. Wohnt man nicht zufällig im Einzugsgebiet der Grundschule die eine Ganztagsschule ist, muss man fast betteln und hoffen das der Antrag angenommen wird, das man dann doch auf die Ganztagsschule mit kostenloser Früh- und Spätbetreuung darf. Ansonsten hat man ein Problem…den ein Hort wird lange nicht Überfall angeboten. Und in der 5. Klasse heißt es dann wieder bibbern…denn dann bewirbt man sich mit Schülern aus dem gesamten Stadtgebiet für die weiterführende Schule…
Eltern werden überall Steine in den Weg gelegt…es wird immer schwieriger statt einfacher und von daher wundert es mich nicht das viele es sich überlegen Kinder zu bekommen.
Oh ja, von den Schwierigkeiten im Schulsystem ist ja derzeit auch einiges zu hören.
Danke für Deine Perspektive und Deine Gedanken, Nadine!
Ich amüsiere mich über die folgende Passage des Textes: „…Beide müssen wieder arbeiten gehen, weil das Geld sonst nicht reicht. Für den Hauskredit. Die Versicherungen. Das Straßenbahnticket. Die neuen Schuhe für das heranwachsende Kind. Die Telefonrechnung. Die Müllabfuhr. Den Zoobesuch. Den Einkauf von gesunden Lebensmitteln. Den Schwimmkurs. Den Besuch im Kino. Das Futter für den Goldhamster. Den Tannenbaum zu Weihnachten. Das aufblasbare Schwimmbecken im Garten. Kurz: Für das stinknormale Mittelstands-Leben ohne besonderen Luxus.“
Das stinknormale Mittelstands-Leben ohne besonderen Luxus – diese Aussage ist m.E. angesichts der aufgezählten Privilegien ein Witz. Das ein Kinobesuch, das aufblasbare Schwimmbecken (im meistens übervollen Garten, denn häufig steht dort ja noch ein Trampolin), der Zoobesuch (der preislich fast dem Besuch eines Freizeitparks Konkurrenz macht) und das eigene Haus als stinknormal gelten, zeigt wieviel Dekadenz in dieser Diskussion steckt.
Wenn alle diese Privilegien doch so stinknormal sind, wie wäre es, etwas besonderes zu tun: Retten Sie Ihr Kind davor, mit nur ein oder zwei Jahren einen halben Tag oder länger in eine Einrichtung wie Kita oder Krippe gehen zu müssen.
Die Frage ist doch, welche Werte wir unseren Kindern vorleben wollen. Ist es richtig, Kinder an das Hamsterrad zu gewöhnen, dass uns so sehr frustriert, dass wir bereichernde Privilegien als stinknormal empfinden? Kinder tragen ihr Päckchen bei diesem Lauf durchs Hamsterrad bereits mit, wenn sie dafür für viele Stunden in Krippe oder Kita ausquartiert werden.
Ich weiß, es gibt Lebenssituationen, die hart sind und wo jeder Euro zweimal umgedreht werden muss. Gut, wenn in solchen Fällen die Betreuung gewährleistet ist.
Wer aber auf hohem Nivau klagt, sich durch Konsum und Selbstverwirklichungsdrang das Konto und das Nervenkostüm belastet, dem sei geraten, runterzuschalten, sich mehr Zeit fürs Kind zu nehmen und es nicht zur Realisierung einer anstrengenden Lebenssituation in viel zu jungen Jahren in die Halbtagsbetreuung oder länger zu schicken. Wenn Kinder das Leben doch tatsächlich so bereichern, warum will man dann eigentlich Beruf und Familien vereinen, wenn am Ende doch nur steht, dass Kind stundenlang in fremde Hände zu geben?
In diesem Kontext finde ich ist Fremdbetreuung ein absoluter Luxus mit dem Sie um die 350 Euro bei einem Jahreseinkommen von 100K+ im Haushalt sehr gut fahren.
Verstehe ich es richtig: Ihre Idee wäre also, dass ich nicht wieder arbeiten gehe, wir unser Reihenhaus verkaufen und in eine 3-Zimmer-Wohnung ziehen und unsere Ausgaben für Freizeit und Einkäufe beschränken? Klar, dass kann man machen – aber wohin führt das? Welches Problem wird damit gelöst – außer, dass ich nicht über 400 Euro an eine Kita zahlen muss? Es entstehen doch neue Probleme, wenn der Mittelstand sich in diese Richtung bewegen würde: Kaufkraft geht verloren, Spenden und Mitgliedsbeiträge für Institutionen wie den Bürgerpark, Naturschutzverbände oder die Flüchtlingshilfe würden sich reduzieren, Arbeitsplätze gingen verloren (ich beispielsweise bin Gründerin und kann zeitweise eine/n Mitarbeiter/in beschäftigen) und ähnliches. Und ich selbst wäre wohl auch nicht so wahnsinnig glücklich, meinem Kind ständig sagen zu müssen, dass etwas nicht geht, und im Supermarkt nur noch auf das eingeflogene Billig-Gemüse zurückgreifen zu müssen. Sie sagen doch selbst, dass solch eine Lebenssituation hart ist.
Ist der Wunsch, sich nach Studium (den ich durch drei jahrelange Nebenjobs finanziert habe), unbezahlten Praktika, einem Auslandsaufenthalt (in dessen Zeit ich jeden Cent mehr als einmal umgedreht habe), einem niedrig bezahlten Volontariat, sechs Jahren mit 40plus-Stunden und Start in die Selbständigkeit, die sowohl Mut als auch hohe persönliches Engagement erfordert (und dem Finanzamt inzwischen schon so einiges eingespielt hat) einen halbwegs sorgenfreien Lebensstandard leisten zu können, wirklich dekadent? Ich glaube nicht. Dekadenz ist etwas ganz anderes.
Für viele in unserer Gesellschaft wäre solch ein Lebensstandard Luxus, ja. Aber deshalb von anderen zu verlangen, dass sie ihn nicht bewahren oder anstreben sollen, ist meiner Ansicht nach die falsche Konsequenz.
P.s. Ich möchte meinen Sohn nicht nur in die Kita bringen, um zu arbeiten. Sondern auch, damit er regelmäßig Kontakt zu anderen Kindern hat. Für seine soziale Entwicklung ist das schließlich sehr wichtig.
Hier in Ganderkesee ist die Bewerbungsfrist für KiTa bis Ende November. Im April muss ich aus finaziellen Gründen wieder studieren und mein da dann 8. Monate altes Kind vormittags bei meinem müden Mann lassen, damit ich überhaupt studieren kann. Fähige Tagesmütter ohne freie Plätze… Denke so wie in Bremen wohl auch.
Nun ja. Ich kann den Ärger für die höheren Kosten verstehen. Da arbeiten beide Elternteile und müssen so viel an die KiTa abtreten, dabei arbeiten sie schließlich beide, um sich und den Kindern etwas bieten zu können (Kino, Ausflüge, neue Kleidung).
Falls die Summen von ELLA stimmen und das Bruttoeinkommen über 80.000 Euro im Jahr liegt und eben diese, in meinen Augen, Gutverdiener sind, wie steht es da mit denen, die weit darunter liegen aus? Äh, neue Kleidung und Ausflüge? Die haben andere Sorgen. Urlaub, Kleidung, gesundes Essen usw ist da wohl manchmal schon mehr als Luxus.
Hallo Anna,
zu Deinem letzten Absatz: Ja natürlich, für die Geringervdiener ist es weit schwieriger. Und daher finde ich es auch total in Ordnung, dass diese Familien nicht noch die Kita-Gebühren zusammenkratzen müssen. Es ist aber meiner Ansicht nach falsch, die dadurch fehlenden Einnahmen über die 42 Prozent der Familien decken zu lassen, die nicht in die Beitragsfreiheit fallen.
Alles Gute für die Wiederaufnahme Deines Studiums. Ich drücke die Daumen, dass Ihr vielleicht doch noch eine liebevolle und bezahlbare Betreuung findet!
Ich frage mich wie es sein kann, dass man für ein im Mai geborenes Kind keinen Krippen Platz auch ab Mai bekommt. Natürlich in Bremen nicht machbar- da kann ich aber glücklich sein, dass ich die Elternzeit „nur“ 4 Monate verlängern muss. Ich frag mich wie man das regeln soll, wenn das Kind zB im feb 2016 geboren wäre…da hat man dann ja einiges zu „überbrücken“. Wer in der Zeit die Miete zahlen soll ist doch echt fraglich, arbeiten gehen geht ja schlecht. Und dann immer die Frage: „und eine Tagesmutter?“- ja klar, die sind ja nicht noch teurer und als würde man hier eine super liebevolle Wunschbetreuung finden.
Es nervt! Als gebürtige Berlinerin stellt man sich oft die Frage, ob man der Stadt den Rücken kehren sollte- für ein Leben ohne finanzielle Sorgen. Weil ja- in Berlin zählt man nichts für die Betreuung und bekommt sogar einen Platz ab dem 1.Geburtstag. Nur doof, wenn man hier einen Job hat, der einem Spaß macht, Sicherheit gibt und die Bezahlung fair ist. DAS was man sich hier aufgebaut hat nun alles einreißen, weil die Regierung des kleinsten u ärmsten Bundeslandes zu dämlich ist???
Wie sie merken, habe ich mich darauf eingeschossen, zahlreiche Privilegien als selbstverständlich anzusehen. Gleichzeit ist mir Ehrgeiz und das Streben nach mehr durch gute Bildung und gutes Wirken nicht unsympathisch. Jeder sollte sich frei entfalten können.
Für viele in unserer Gesellschaft wäre der beschriebene Lebensstandard Luxus. Und ja, wir sollten niemanden daran hindern, ihn anzustreben, das wäre auch aus meiner Sicht die falsche Konsequenz. Wenn Sie arbeiten gehen wollen, anstatt zu Hause zu bleiben, ist es Ihr gutes Recht. Keiner wird es Ihnen verwehren. Mein Ansatz ist nicht, aus der ehrgeizigen Mutter eine Hausfrau zu machen.
Auch wenn es auf Sie nicht zutreffen mag, Antworten auf die Frage, warum ein Kind vor dem regulären Kindergartenalter in eine tägliche Halb- oder Ganztagsbetreuung geht, habe ich selten verstanden. Ich bin nicht gegen Kindergarten und ich halte es für eine gute Sache, Kinder bereits eine Weile vor der Einschulung an eine Gruppe zu gewöhnen und dabei zu sozial zu profitieren und zu lernen. Aber nicht zu früh.
Warum gibt es Situationen wie sechs Monate alte Kinder, die bereits ganze Tage in die Krippe geschickt werden? Soziales Lernen kann da doch noch kein Argument sein. Es nimmt einen niemand das Recht, so zu handeln. Aber es befremdet mich, dass es rund um das Thema eine Öffentliche Diskussion gibt, in der wirtschaftliche und vermeintlich soziale Aspekte als Rechtfertigung angeführt werden, gleichzeitig viele Frauen als Schlussnote Ihrer Argumentation anführen „Na, und außerdem muss ich zu Hause auch mal wieder raus.“ Diese finalen Noten, die ich bei Schwestern, Arbeitskolleginnen, Familienmitgliedern, Freunden und in öffentlichen Diskussionen oft gehört habe, sind persönlich vielleicht nachvollziehbar, lassen dennoch die Frage aufkommen, warum nach stressigen Studienzeiten, Studienkrediten, Praktika, Auslandssemestern, kompromissvollem Jobeinstieg und Selbstfindung nicht einfach mal 2-3 Jahre Ruhe und reine Freude am Kind herrscht.
Ich weiß schon: man kann irgendwie nicht anders, will das erreichte Fortführen und empfindet es auch nicht als falschen Wert. Und das möchte ich auch nicht suggerieren, alle diese beschriebenen Mütter werden großartige Mütter sein und ihre Kinder nicht weniger lieben. Dennoch gibt es viele unzufriedene Frauen, Männer und Familien, die eigentlich tolle Voraussetzungen haben. Stattdessen aber haben wir immer mehr durch Optionen und Druck gestresste Kinder. Burnouts. Mehr Planung und Aufgabenbewältigung als Muße in der Familie.
Das alles verorte ich gar nicht in Ihrem Kontext. Weil wir das Thema aber andiskutiert haben, möchte ich einfach mal eine andere Sicht auf die Dinge legen, da mir das Netz mittlerweile zu voll ist von der unreflektierten Evangelisierung zum Thema Krippen und Ganztagsbetreuung von Säuglingen und Kleinstkindern.
Der Wunsch danach, sich nach aufwändiger Ausbildung, kraftvollem Jobeinstieg und Eintritt in die Selbstständigkeit schnell wieder seinem Business zu widmen, auch, weil man sich darin verwirklicht, ist nachvollziehbar. Final denke ich, dass der, der nach mehr Luxus strebt, unzufrieden mit dem stinknormalen Mittelstandleben wirkt und ein aufwändiges Leben mit seiner Familie führt, um das nächste Level zu erklimmen jedes Recht dazu hat – gleichzeitig mit 400 Euro Betreuungskosten aber auch gut fährt. Wenn Sie denken, dass die Betreuung fürs Kind dabei aber nicht die Allerbeste ist: machen Sie es selbst. Oder geben Sie Geld für eine Nanny aus.
Ich persönlich habe auch meine Bauchschmerzen damit, wenn Kinder sehr früh, manchmal noch vor Vollendung des ersten Lebensjahres, in Betreuung kommen. Auch kann ich mit der neuen Bewegung der #mompreneur, in der Frauen dafür gefeiert werden, nach dem Wochenbett schon wieder am Schreibtisch zu sitzen, nichts anfangen. Denn wie Sie richtig sagen: Man setzt sich enorm unter Druck, das alles unter einen Hut zu bekommen und das Familienleben ist dann großer Stress, was heranwachsenden Kindern auch nicht gut tut. (Dazu habe ich hier einmal etwas geschrieben: http://wortkonfetti.de/2016/01/selbstaendigkeit-und-babypause-auch-powerfrauen-sollten-sich-das-erlauben.html) Wer diesen Weg aber gehen möchte oder muss, der sei dafür nicht verurteilt.
Nach „mehr Luxus“ strebe ich nicht, sondern nach Bewahrung des aktuellen Lebensstandards. Und das ist bei Reduzierung der Stundenzahl schon schwer genug. Wenn man dann noch mehrere Hundert Euro zahlen muss, wird es nicht einfacher. Grundsätzlich hätte ich kein Problem damit, noch ein-zwei Jahre länger zuhause zu bleiben – aber nach Ablauf des Elterngeldes ist das schlicht und ergreifend nicht drin.
Der entscheidene Fehler bei dieser Diskussion: es wird wieder mal nur von den Frauen – MÜTTERN – geredet. Warum wird NIE (!) der Vater gefragt, warum er ein solcher „Rabenvater“ ist und 2 Wochen nach Geburt wieder arbeiten geht? Es wird überall von Gleichberechtigung geredet, es werden Elternzeiten angeboten und Familie und Beruf sollen noch und nöcher vereinbar sein… und dann sieht das reale Familienleben in unseren Köpfen doch noch sehr konserativ aus – die Mutter soll sich bitte mind. 1 Jahr ums Kind kümmern und beruflich aussteigen, danach „darf“ sie vielleicht in TZ wieder etwas zur Haushaltskasse dazu verdienen, wenn das Kind 3 ist auch etwas mehr, dann wird es in unseren Köpfen „geduldet“. Sorry, aber solange so gedacht wird, haben wir als Generation etwas versäumt.
Volle Zustimmung. Ich, als Vater, bin derzeit mehr als die geschenkten zwei Monate in Elternzeit und damit eine absolute Ausnahme.
Kleine Anekdote am Rande: Ich, der Vater, war bei einem Informationstermin bei PiB, um dort etwas über Tagespflegepersonen (AKA Tagesmütter, aber hier bewusst geschlechtsneutral formuliert. 😉 ) zu erfahren. Danach hatte ich weiterhin Kontakt zu PiB, habe dort einen Antrag eingereicht, habe die Anmeldung vorbeigebracht, habe Rückfragen per Telefon beantwortet. Bis auf einen Kennenlernbesuch mit der Tagesmutter hatte meine Freundin damit nichts zu tun.
Wenn jemand von PiB bei mir angerufen hat, haben sie am Anfang erst nach meiner Frau gefragt, es ginge schließlich um die Kinderbetreuung. Der Brief, in dem uns mitgeteilt wurde, dass eine Betreuung genehmigt wurde, war nur an sie adressiert; ich wurde mit keinem Wort erwähnt. Der Gebührenbescheid ging ebenso nur an sie.
Was soll man davon halten? Ich hab‘ mich jedenfalls über die offiziellen Schreiben ziemlich aufgeregt.
T.
Ja, ja, die Kinderbetreuung in Bremen. Schade, Sandra, dass meine drei Kinder so langsam aus dem Thema wachsen. Wir wären ein gutes Team. Ich hätte mehr als ein Hinweis zu dem Thema. Hier als Beispiel mal zwei, die mir am Herzen liegen.
Wirtschaftliche Jugendhilfe – guter Hinweis. Aber aufgepasst: Die wirtschaftliche Jugendhilfe zahlt nur einen finanziellen Ausgleich für die Stunden, die Du auch arbeitest. Arbeit jemand Bsp. 20 Std., wird der Ausgleich nur für 20 Std- Betreuung + Fahrtzeit berechnet. Alles schön und richtig, wenn man in Bremen die Chance hätte einen Teilzeit-Betreuungsplatz zu bekommen. Aber die gibt es nicht!
Und das ist mein zweites Lieblingsthema: Platzsharing! Bremen ist knapp bei Kasse. Wenn aber Kitaplätze entstehen, dann laut Behördenjargon Vollzeit. Bei der Kita Bremen bedeutest das 8-16h (evtl. plus Frühdienst). Das niemand bei dieser Betreuungszeit Vollzeit arbeiten kann, versteht von den Bremer Parlamentariern leider keiner. Mein Vollzeit-Arbeitsvertrag hätte 40 Std. Wenn ich die Fahrzeit hinzurechne, reicht die Betreuungszeit nicht. Und wenn dann auch noch ein Geschwisterkinder da ist, wird es sehr eng (zumal in Bremen Geschwisterkinder nicht bevorzugt einen Platz in der gleichen Einrichtung erhalten!) Nach meinen Recherche arbeiten nur ein Drittel der Frauen Vollzeit. Vielen Familien wäre schon damit geholfen, wenn Sie in der U3-Betreuung einen 2 oder 3 Tagesplatz erhalten. (Zumal Eltern auch Zeit mit ihren Kinder verbringen möchten und daher bewusst Teilzeit arbeiten. ) Im Elementarbereich zieht sich das Thema fort mit der Nachmittagsbetreuung. Dank Frau Stahmann erhält jede Familie in Bremen die Betreuungszeit, die es beim Antrag angibt. Seitdem sind die Zahlen für die 8-Stunden-Betreuungplätze stetig gestiegen. Wer aber mal eine Kita um 15.30 Uhr besucht, wird feststellen, dass nicht mal die Hälfte der angemeldeten Kinder um diese Zeit noch anwesend sind. Und warum? Weil die Eltern die lange Betreuungszeit nur an 2-3 Tagen die Woche benötigen. Leider haben die Eltern nicht die Chance, eine geringe Betreuungszeit anzumelden (und dann auch weniger zu zahlen), auch wird diese Zeit seitens der Kita Verwaltung nicht genutzt um Überstunden etc. abzubauen. Und dann werden 1.700 Betreuungsplätze gesucht! Es wird Zeit für neue Konzepte!
Ein wichtiges Problem, und es gibt scheinbar keine Mögichkeit, hier genug politischen Druck aufzubauen um eine Änderung herbeizuführen. Meiner Meinung nach liegt das daran, dass wir alle halt Schafe sind, das Problem interessiert uns solange wir es haben, ist dass Kind ein Jahr älter haben wir irgendeine Lösung gefunden, egal wie schlecht, und schon sind es andere, die das Problem haben. Die politisch Verantwortlichen können dann sagen, wieso, letztes Jahr hat es doch auch geklappt.
Es gibt, glaube ich, nur eine Möglichkeit, etwas zu ändern: jeder einzelne müsste auf Schadenersatz für den entgangenen Arbeitslohn klagen. Macht nur keiner, weil man das Risiko der großen Kosten sieht. Zu hoffen, die lesen diesen Blog und dann zittern sie und ändern innerhalb der nächsten vier Wochen was, ist mir zu wenig. Sonst Ideen? Eingabe Petitionsausschuss?
Hallo Sandra!
Bist Du sicher, dass Du bereits über die neue Gebührenordnung schreibst, die im Dezember verabschiedet wurde? Ich meine diese hier: https://ssl.bremen.de/senatskanzlei/sixcms/media.php/13/2016_12_23_GBl_Nr_0134_OG_Kita_Beitraege_signed.pdf
Mal abgesehen davon, dass ich Kita-Gebühren grundsätzlich ablehne, ist die neue Ordnung doch deutlich sozialer als die vorherige. Erstaunlich ist, dass kaum einer drüber spricht….
Schöne Grüße!
Hallo, ich habe jetzt einfach mal eine Petition zum Thema eingereicht:
https://petition.bremische-buergerschaft.de/index.php?n=petitionsdetails&s=1&c=date_public&d=DESC&b=0&l=10&searchstring&pID=2414
Jeder der sie interessant findet möge sie doch unterstützen und teilen!!!!
Der Artikel ist zwar schon ein Jahr alt, aber dennoch sehr zutreffend.
Wir sind im letzten Jahr nach Bremen gezogen und unsere Tochter wird in diesem Jahr 3 Jahre alt und soll in den Kindergarten.
Bei allen Kindergärten hieß es bisher, versuchen Sie ihr Glück, eigentlich sind wir voll, auch die “freien“, wo man mit 430 Euro dabei ist.
Tipps sind herzlich willkommen.